Zum internationalen Hebammentag am 5. Mai 2014:
Landesfrauenrat Thüringen e. V. fordert ein klares Bekenntnis zum Hebammenberuf
Die freiberuflichen Hebammen in Deutschland und Thüringen bangen weiter um ihren Beruf. Zwar gibt es nun bis Juli 2015 eine Haftpflichtversicherung, danach stehen die Hebammen aber wieder vor der gleichen Frage wie auch schon in den letzten Monaten. Auch die neuerliche Erhöhung der Haftpflichtprämie für freiberufliche Hebammen, ist nicht mehr zu verkraften und führt zu einem Sterben auf Raten. Damit stehen freiberufliche Hebammen vor dem Aus, denn ohne Haftpflichtversicherung dürfen sie nicht arbeiten. Damit steht in Deutschland viel auf dem Spiel. Nicht nur die freie Wahl des Geburtsortes ist somit faktisch unmöglich, auch die Vor- und Nachsorge einer Geburt kann so nicht mehr sichergestellt werden.
„Hebammen in Deutschland helfen nicht nur Kindern auf die Welt, sie sind auch wichtige Stützen für junge Familien in der ersten Zeit mit einem Säugling. Sie organisieren Unterstützung wo benötigt und bilden somit auch ein Scharnier zwischen Gesundheitsversorgung und Kinderschutz. Kein anderer Beruf kann diese wichtige Aufgabe adäquat ersetzen. Schwangerschaft ist keine Diagnose und Geburt keine Krankheit. Damit das so bleibt brauchen wir Hebammen.“ so die stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenrat Thüringen, Birgit Schuster.
Zum internationalen Hebammentag fordert der Landesfrauenrat Thüringen e.V. ein klares Bekenntnis der Politik zu den Hebammen in Thüringen. „Wir schließen uns abermals den Forderungen des Deutschen HebammenVerbandes e.V. an und erwarten ein deutliches Zeichen aus Thüringen in Richtung der Großen Koalition im Bund.“ So Birgit Schuster abschließend.
V.i.S.d.P. und für Rückfragen Birgit Schuster 0172/3527350 oder Madeleine Henfling: 0170/9618722
Hintergrundinformationen Forderungen des Deutschen HebammenVerbandes e.V.: http://www.hebammenverband.de/aktuell/
Forderungen zur Lösung der Haftpflichtproblematik
1. Es muss eine Haftungsobergrenze festgelegt werden, bis zu der die Hebamme für von ihr verursachte Schäden haftbar gemacht werden kann.
Schäden, die darüber hinausgehen, müssen aus einem öffentlich finanzierten Haftungsfonds beglichen werden. Die Prämienspirale der Haftpflichtversicherungen für Hebammen nimmt kein Ende. Bereits jetzt sind die Versicherungsprämien im Verhältnis zum Vergütungsniveau in eine unerschwingliche Höhe gestiegen. Während die Haftpflichtprämie für die Geburtshilfe 2003 435 Euro betrug, sollen freiberufliche Hebammen ab Juli 2014 bereits 5091 zahlen. Demgegenüber stehen Verdienste von durchschnittlich 8,50 € netto pro Stunde. Die hohen Prämien sind nicht durch eine Zunahme der Schadensfälle, sondern durch stetig steigende Schadenssummen bedingt. Während 2003 noch davon ausgegangen wurde, dass 2,5 Millionen € für die Regulierung eines Schadens ausreichen, deckt die DHV-Versicherung heute schon 6 Millionen € ab. Darüber hinaus haften Hebammen privat. Eine Haftungsobergrenze in Verbindung mit einem öffentlich finanzierten Fonds würde diese Spirale durchbrechen und dazu führen, dass Hebammen und andere Geburtshelfer vor dem
finanziellen Ruin trotz angemessenem Versicherungsschutz bewahrt werden. Dies würde die Arbeit freiberuflicher Hebammen und damit die flächendeckende Versorgung bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sichern. Gleichzeitig wäre für die Opfer von Geburtsschäden durch den Fonds garantiert, dass sie ihre Ansprüche sicher geltend machen können, da ihnen ein solventer Anspruchsgegner gegenüber stünde. Gekoppelt an versicherungsrechtliche Regelungen könnte zudem der Versicherungsmarkt gestärkt werden und wieder mehr Versicherer motiviert werden, Hebammen ausreichenden Versicherungsschutz anzubieten.
2. Die Regressforderungen der Sozialversicherungsträger (Kranken- und Rentenversicherungen) müssen gedeckelt werden.
Wird ein Kind bei der Geburt geschädigt, kommen zunächst die Sozialversicherungsträger für die entstehenden Kosten auf. Dazu gehören beispielsweise Heilbehandlungs-, Pflege- und Rentenansprüche. Wenn festgestellt wird, dass eine Hebamme für diesen Fall haftet, fordern
die Sozialversicherungsträger Regress vom zuständigen Versicherungsunternehmen. Diese Regressforderungen haben einen erheblichen Anteil an den Schadenssummen. Im Bereich der Hebammen machen Regressforderungen für schwere Geburtsschäden mittlerweile zwischen 30 und 35 Prozent der gesamten Schadensaufwandes aus. Durch eine Deckelung der Regresshöhe, würde sich die Versichertengemeinschaft indirekt an den Kosten der Haftpflichtprämie beteiligen. Denn zu den Pflichten von Krankenkassen gehört es auch, notwendige medizinische Leistungen, wie die Arbeit der Hebammen, trotz steigender Kosten zu erhalten. Mit einer Deckelung der Regressforderungen könnte eine widersinnige Entwicklung gestoppt werden: So fordern die Sozialversicherungsträger zum einen immer mehr Geld von den Hebammen zurück und treiben damit die Haftpflichtprämien in die Höhe. Gleichzeitig stehen die Krankenversicherungen in der Verantwortung, die steigenden Haftpflichtprämien auszugleichen. So entstehen unnötige Kosten, da beispielsweise auf jeden Euro Haftpflichtprämie 19 Prozent Versicherungssteuer zu zahlen sind.
3. Es muss eine gesetzliche Grundlage für ein Umlagesystem der Haftpflichtkosten außerhalb der Leistungspositionen geschaffen werden. Nur so können die Kosten für die Haftpflichtprämie auch tatsächlich ausgeglichen werden.
Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, die Haftpflichterhöhungen wieder auszugleichen. Das Sozialgesetzbuch V legt fest, dass die Prämiensteigerungen über die Vergütungspositionen aufgefangen werden sollen. Dabei werden aber die tatsächlichen Kosten der Hebammen nicht berücksichtigt. Dieser Ausgleich ist an Leistungspositionen geknüpft, d.h. die Steigerungssumme wird beispielsweise pauschal pro Geburt umgelegt. Infolgedessen bezahlen alle Hebammen die gleichen Prämien, bekommen die Steigerungen derselben aber in unterschiedlicher Höhe bezuschusst. Hebammen, die weniger Frauen entbinden als der Durchschnitt, erhalten keine ausreichende Kompensierung ihrer persönlichen Mehrkosten durch die Haftpflichtversicherung.