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Verfassungsbeschwerde gegen Paritäts-Urteil als unzulässig eingestuft

Pressemitteilung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Keine Klärung durch das Bundesverfassungsgericht, negatives Signal für tatsächliche Gleichstellung in Deutschland

Erfurt, 19.01.2022. Was haben die Französinnen, was wir nicht haben? Ein Parité-Gesetz. Während in Deutschland alle Versuche Paritätsgesetze zu verankern bisher gescheitert sind, gilt seit 2001 in Frankreich ein paritätisches Wahlrecht – weitere EU-Staaten sind diesem Beispiel gefolgt, um strukturelle Diskriminierung von Frauen in der Politik zu beseitigen und gleichberechtigte demokratische Partizipation zu ermöglichen.

„Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist ein negatives Signal für die tatsächliche Gleichstellung in Thüringen und in ganz Deutschland“,

so Andrea Wagner, Vorsitzende des Landesfrauenrats Thüringen.

Auch das Thüringer Paritätsgesetz ist nun Geschichte. Das Bundesverfassungsgericht hat seinen Beschluss zur Verfassungsbeschwerde am 18. Januar 2022 veröffentlicht: Die Beschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie nach Ansicht der 1. Kammer des 2. Senats nicht ausreichend begründet war. Damit blieben alle klärungsbedürftigen verfassungsrechtlichen Fragen offen. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere nicht geklärt, ob die Entscheidung des Verfassungsgerichts Thüringen mit dem Gleichberechtigungsgebot in Artikel 3 Absatz 2 GG zu vereinbaren ist.

In deutschen Parlamenten sind Frauen deutlich unterrepräsentiert, der Thüringer Landtag hat bspw. einen Frauenanteil von 31%. Diese Unterrepräsentation ist Folge verschiedener Diskriminierungen von Frauen, durch die sie finanziell oder auch bei der Aufstellung der Wahllisten benachteiligt werden. Ein Paritätsgesetz wäre ein Hebel, die Repräsentanz und Mitbestimmung von Frauen schnell und nachhaltig sicherstellt. „Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist enttäuschend und verkennt die Realität, in der Frauen in der Politik viele Hindernisse begegnen“, so Wagner.

„Der Beschluss enthält auf 20 Seiten Begründung konstruktive Hinweise auf verfassungsrechtliche Aspekte, die zu diskutieren, deren Bedeutung aber letztlich vom Bundesverfassungsgericht zu klären sind. Dieser Beschluss bedeutet nicht das Ende der Paritätsdiskussion“,

betont die Verfahrensbevollmächtigte Silke Laskowski.

Zudem hebt sie hervor, „dass durch den Beschluss geklärt ist, dass die an dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht nicht beteiligten Bürgerinnen und Bürger eines Landes sich in solchen Fällen auf ihre Grundrechte beziehen und eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erheben können. Einmischung durch das Volk ist möglich, ein positives Zeichen für die Demokratie in Deutschland“, so Laskowski. Die Beschwerde wurde von zwanzig Personen eingereicht und von ca. 500 Personen ausdrücklich unterstützt.

Das Thüringer Paritätsgesetz wurde am 05. Juli 2019 vom Thüringer Landtag beschlossen. Es legte die Aufstellung von Wahllisten im Reißverschlussverfahren fest: Die Listen sollten abwechselnd von Frauen und Männern besetzt werden, Personen mit dem Geschlechtseintrag divers konnten als solche kandidieren. Das von der rot-rot-grünen Landesregierung eingebrachte Gesetz kam aufgrund der umstrittenen Entscheidung des Landesverfassungsgerichts, die nicht einstimmig erging, sondern von zwei abweichenden Sondervoten begleitet wurde, nie zum Einsatz.

V.i.S.d.P. und für Rückfragen: Friederike Theile, 0361 600 59 16
Website: http://www.landesfrauenrat-thueringen.de/
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Die Pressemitteilung bezieht sich auf diesen Beschluss.

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