Veranstaltungsreihe "(Post-)migrantische Frauen* in Thüringen - Wie schaffen wir gerechte Zugänge? Diskussionen zu geschlechtsspezifischer Gewalt und Zugängen zum Hilfesystem
Bericht zur Veranstaltung
Unter dem Titel „(Post-)migrantische Frauen* in Thüringen - Wie schaffen wir gerechte Zugänge? Diskussionen zu geschlechtsspezifischer Gewalt und Zugängen zum Hilfesystem“ fand am Montag, dem 11. November 2024, im Augustinerkloster Erfurt eine Fachveranstaltung statt. Sie wurde gemeinsam vom Landesfrauenrat Thüringen e.V., DaMigra e.V. und MigraNetz Thüringen e.V. organisiert und von Josina Monteiro moderiert. Die Veranstaltung begann mit einem Grußwort von Kamar Duwairi (MigraNetz Thüringen e.V.) und endete mit Abschlussworten von Friederike Theile (Landesfrauenrat Thüringen e.V.).
Im Fachvortrag von Dr. Nadja Lehmann, Geschäftsführerin der Interkulturellen Initiative e.V., schilderte sie die Debatten der letzten 30 Jahre über Migration und häusliche Gewalt. Sie macht deutlich, dass häusliche Gewalt bei Migrant:innen oft auf die Kultur der Herkunftsländer zurückgeführt wird, dies aber so nicht belegbar sei. Hingegen sind die spezifischen Lebensumstände migrantischer Frauen, wie unsicheres Aufenthaltsrecht, weniger soziale und finanzielle Absicherung und mangelnde Sprachkenntnisse, Gründe für eine höhere Gewaltbetroffenheit. Dr. Lehmann ergänzt, dass marginalisierte Menschen prinzipiell häufiger Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt werden. Der Zugang zum Hilfesystem ist bei Frauen mit Migrationsgeschichte eingeschränkt. Dies ist mit mangelndem Wissen über Rechtslage und Hilfsangebote, weniger Vertrauen in Institutionen und Behörden, aber auch mit der Angst vor Stereotypisierung und Kulturalisierung begründet.
Auf dem Podium diskutierten neben Dr. Lehmann, Dr. Delal Atmaca, Geschäftsführerin DaMigra e.V., Steffi Mayer, Interventionsstelle Nordhausen, und Havva Torlak, Dolmetscherin und Vorstandsfrau im Landesfrauenrat Thüringen. Als Problemstellungen für migr. Frauen in Thüringen wurden neben mangelndem Vertrauen in die Polizeiarbeit und sprachliche Hürden, der Einsatz von männlichen Dolmetschern bei Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt genannt. Torlak verweist darauf, dass es in Fällen von Gewalt gegen Frauen absolut notwendig sei, nur Dolmetscherinnen anzufragen. Steffi Mayer berichtet aus dem Projekt „GewaltFREI LEBEN - Beratung und Betreuung mit Schwerpunkt Gewaltprävention für Menschen mit Fluchthintergrund“ der Caritas Nordhausen: Durch einen klaren Fokus auf eine Zielgruppe und einen niedrigschwelligen Ansatz können Geflüchtete besser erreicht werden als mit den regulären Angeboten des Hilfesystems. Dr. Atmaca betont die zentrale Bedeutung von Empowermentprojekten für Frauen mit Migrationsgeschichte. Bei diesen könne Vertrauen entstehen und dies Räume eröffnen, die es ermöglichen, Tabuthemen zu besprechen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Angebote, die sich speziell an Frauen mit Migrationsgeschichte richten oder eine Offenheit für diese Personengruppe verdeutlichen, wirksam sind, um diese Frauen zu erreichen. Als Türöffner wirken dabei Mitarbeiterinnen mit eigener Migrationsgeschichte oder Rassismuserfahrung. Damit die Arbeit im Frauenhaus gut und zielgruppengerecht gestaltet werden kann, sind eine Aufstockung des Fachpersonals, eine Begleitung zu Behörden und eine Haltung und ein Bewusstsein für Intersektionalität und Inklusion wichtige Faktoren. Eine engere Vernetzung zwischen migrantischen Communities und dem Hilfesystem wird von allen Beteiligten befürwortet.
Weiterführende Inhalte
Veranstaltungreihe "(Post-)migrantische Frauen* in Thüringen - Wie schaffen wir gerechte Zugänge?"
Diskussionen zu geschlechtsspezifischer Gewalt und Zugängen zum Hilfesystem
Mo., 11.11.2024, 15:00–18:00 Uhr, vor Ort: Augustinerkloster (Augustinerstraße 10), Erfurt
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